Regula Dettwiler

regula dettwiler

"When we look at nature today, we look into a mirror."
Regula Dettwiler

Über das Werk

Die imposanten, gerahmten Blattformationen von Regula Dettwiler beeindrucken. Sie wirken wie riesengroße Mutanten. Die in Wien lebende Schweizer Künstlerin fügt sie aus unterschiedlichen herbarisierten – getrockneten und gepressten – Pflanzenblättern zusammen. Mit gezielten Cut-outs bringt sie neue Blattschöpfungen hervor, die in ihrer äußeren Gestalt spontan an Klecksbilder des Rorschachtests erinnern. Ihre innere Struktur folgt dem biologisch-anatomischen Blattaufbau und lässt sie auf diese Weise als ein organisches Produkt der Natur erscheinen. Täuschung und Realität sind zwei Aspekte, die in den Arbeiten von Regula Dettwiler eine wesentliche Rolle spielen. Gibt es eine wirkliche Natur oder nur eine künstliche, nach den Vorstellungen des Menschen geschaffene? Ist unser Bild von der Natur bloße Konstruktion oder Projektion? Nicht von ungefähr verweist die Künstlerin mit der formalen Bezugnahme auf den Rorschachtest auf das Unbewusste als Projektionsfläche für Ängste und Sehnsüchte. Bereits im Titel der Werkreihe Schläft ein Lied in allen Dingen klingt diese Parallele an. Das Unheimliche, Unkontrollierbare, das auch dem Schlaf innewohnt, verstärkt sich durch das monströse Erscheinungsbild der Blätter. Ihre poröse, fragile Beschaffenheit zeugt zugleich von Verletzlichkeit und Endlichkeit. Der Anblick hinterlässt ein ambivalentes Gefühl der Verunsicherung, das aus dem Kontrast von Natürlichkeit und Künstlichkeit entsteht. Was ist Zufall, was Manipulation? Genauso zweifelhaft und mehrdeutig wie die Auswertung der Rorschachtests bleibt der Deutungsversuch der vielgestaltigen Blattformen. Regula Dettwiler gelingt es, mit diesen Arbeiten in tiefenpsychologische Schichten vorzudringen und unser Verhältnis zur Natur infrage zu stellen.

Seit Ende der 1990er-Jahre beschäftigt Dettwiler sich in ihren aquarellierten botanischen Bestimmungsbildern, Pflanzencollagen und Rauminstallationen mit den artifiziellen Aspekten von Natur. Massenprodukte, etwa Plastikblumen aus China oder Topfpflanzen aus der Dekorationsabteilung, sind bevorzugte Untersuchungsobjekte ihrer künstlerischen Arbeit. Im Fokus steht dabei die Frage nach Vereinnahmung und Kultivierung der Natur als Mittel ihrer Kontrolle oder Indienstnahme zur Verschönerung der eigenen Lebenswelt.

Lebenslauf

Regula Dettwiler (* 1966 in Oberkulm, Aargau, Schweiz) arbeitet in den künstlerischen Bereichen Zeichnung, Installation, Skulptur und Kunst im  öffentlichen Raum. In ihrem Werk setzt sie sich mit der menschlichen Aneignung und Konstruktion von Natur auseinander und entlockt scheinbar natürlichen pflanzlichen Erscheinungsformen Bilder, deren Konstruiertheit zugleich auch eine tiefenpsychologische Dimension besitzt. Natur gibt sich dabei „als Projektionsfläche menschlicher Sehnsüchte und Ängste“ (Zitat R. Dettwiler) zu erkennen. Die Künstlerin begann ihr Studium der Kunst an der Hochschule Luzern und setzte dieses 1991 bis 1996 beim Bildhauer Bruno Gironcoli an der Akademie der bildenden Künste in Wien fort. Auslands-aufenthalte und Stipendien führten sie unter anderem nach Chicago, Paris, Montreal und nach Japan. Regula Dettwiler lebt in Wien und in Kleinriedenthal in Niederösterreich. Ihre Arbeiten präsentierte sie unter anderem im Dom Museum Wien, in der Ursulinenkirche
Linz, in der Kunsthalle Bern, in der Stadtgalerie Saarbrücken, im Kunsthaus Aarau, in der Neuen Galerie in Graz, im Kunstforum Austria in Tokio und Warschau, im Künstlerhaus Bethanien sowie in verschiedenen Künstlerhäusern und Kunstvereinen in
Deutschland und  Österreich. Zudem erhielt sie diverse Kultur- und Förderpreise, wie etwa den Anerkennungspreis Kunst im öffentlichen Raum des Landes Niederösterreich, den Kulturförderpreis der Alexander Clavel Stiftung, Basel, sowie den Förderbeitrag des Aargauer Kuratoriums, Aarau, Schweiz.