Irene Grau

irene grau

"Perhaps my journey is a kind of reserve trip in which I simply return the painting to the landscape (…) there is a return to the source, a return to that from which landscape emerges“
Irene Grau
Interview on Artsy by Bridget Gleeson: Conceptual Artist Irene Grau on her Spanish heritage and the weight of old master

Über das Werk

Die spanische Konzeptkünstlerin Irene Grau beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Malerei und Landschaft, Raum und Farbe. Dabei spielt der physische Raum, die Bewegung und das Arbeiten darin, eine zentrale Rolle. In vielen ihrer Projekte ist das Wandern Bestandteil ihrer künstlerischen Praxis. Analog zum Malen sieht sie darin einen Prozess der Aneignung und des Erfahrbarmachens von Raum. Sie bewegt sich damit nicht nur in der Tradition der Freiluftmalerei des 19. Jahrhunderts, sondern begibt sich auch für das Projekt The Carrier konkret auf die Spuren ihrer Vorgänger und sucht die Orte ihrer Motive auf. Dennoch ist Irene Grau keine Freiluftmalerin im klassischen Sinn, vielmehr verfolgt sie einen konzeptuellen Ansatz, mit dem sie das Genre der Landschaftsmalerei erforscht und neu definiert. Mit den Möglichkeiten der monochromen Malerei, der Fotografie und der Intervention sucht sie nach neuen Formen der Wahrnehmung von Landschaft. Sie sieht darin ein Experimentierfeld, um zu einer anderen Art des Sehens zu gelangen, und erweitert damit das Verständnis, was Landschaftsmalerei sein kann.

In der Ausstellung Sensing Nature zeigt Irene Grau drei textbasierte Arbeiten. Sie unterscheiden sich in ihrer Größe und monochromen Farbigkeit, die von Hell bis Dunkelgrau reicht. Bildfüllende Texte liefern jeweils eine Landschaftsbeschreibung. Die darin genannten Namen Camille Corot, Jacob von Ruisdael und Louis Eysen lassen darauf schließen, dass sie sich auf Werke bedeutender Landschaftsmaler beziehen. Irene Grau hat die Texte der digitalen Sammlung des Städel Museums Frankfurt entnommen. Sie entsprechen der üblichen Objektbeschilderung und beschreiben das, was der/die Betrachter*in aktuell auf dem Bild sieht. Trotz dieser Redundanz kommt der geschriebenen Information in der Ausstellungspraxis eine wichtige Rolle zu. Das Verhältnis von Text zu Bild verändert sich radikal, wenn anstelle des Bildes nur noch dessen Beschreibung zu sehen ist. Denn nun ist der/die Rezipient*in gefordert, anhand dieser Information eine bestimmte Landschaft im Geiste zu rekonstruieren. Mit dieser Umkehrung wirft Irene Grau die Frage auf, was Landschaft ist: ein realer physischer Ort oder vielmehr eine mentale kulturelle Konstruktion? Die Malweise der Schrift gibt eine Antwort darauf: So zeigen die einzelnen Buchstaben deutliche Spuren eines Pinsels, mit denen die Künstlerin die Ölfarbe aufgetragen hat. Sie bezieht sich damit auf die traditionelle Ölmalerei, die evoziert, dass es sich „nur“ um eine gemalte Landschaft handelt.

Lebenslauf

Die spanische Künstlerin Irene Grau (* 1986 in Valencia, Spanien) lebt und arbeitet in Santiago de Compostela. Grau beschäftigt sich in ihrer Methodik mit der Farbe als transformierendes Mittel des Raumes und seiner Wahrnehmung. Die akribische Analyse einer In-situ Intervention und deren Transformation durch Farbe ist beinahe allgegenwärtig in ihrem Werk – eine Vorgehensweise, die sowohl in der Tradition der radikalen monochromen Malerei als auch der Wandmalerei, des performativen Prozesses und der Landschaftswahrnehmung steht – Letzteres im weitesten Sinne. Der Titel ihrer Doktorarbeit, The Painter on the Road, fasst ihr Interesse und ihre Haltung gegenüber dem Medium Malerei perfekt zusammen.
Aufgrund ihrer Arbeitsweise könnte man Irene Grau durchaus als konzeptuelle Pleinairistin bezeichnen, die von sich sagt, dass ihre Arbeit „das ist, was bleibt“ von einer größeren Erfahrung, die weit über die physisch bereiste Landschaft oder eine erkundete architektonische Struktur hinausgeht. Die alleinige Übertragung einer Erfahrung mag zwar konkreter Informationen ermangeln, doch ihre Arbeit hinterlässt dem Betrachter genügend Hinweise, um durch den Prozess, die Intervention und das Dokument davon einen Zugang zu ermöglichen, um den Modus Operandi und die künstlerischen Fragestellungen und Anliegen der Künstlerin visuell und konzeptionell zu verstehen. 2010 erhielt sie ein Academic Excellence Scholarship, gefolgt 64 von einem 2011 bis 2015 FPU Fellowship des spanischen Ministeriums für Bildung, Kultur und Sport, das es ihr erm glichte, ihr Promotionsstudium zu verfolgen. 2016 erhielt sie ihren Doktortitel in Bildender Kunst von der Polytechnischen Universität von Valencia. Neben anderen Preisen und Stipendien wurde Grau der Premio Generaciones verliehen, einer der renommiertesten Preise in Spanien, der mit einer Ausstellung in La Casa Encendida in Madrid verbunden ist. 2016 wurde er auf der Forbes-Liste 30 unter 30 in der Sektion Arts-Europe erwähnt. Zuletzt wurden ihre Arbeiten im Abroms-Engel Institute for the Visual Arts (AEIVA), Birmingham, Bombon Projects, Barcelona, CCEMX, Mexici DF, Espacio Valverde, Fundaci n DIDAC, Santiago de Compostela, und Madison Museum of Contemporary Art (MMoCA), Madison Wisconsin, USA, gezeigt. Im Jahr 2022 wird sie ihre nächste institutionelle Einzelausstellung im Appleton Square, Lissabon, Portugal, haben.